Kleines Vorwort: Vielen Dank an den LUULA Heidelberg für den Einblick in eure Arbeit. Und an Christian Bartle Fotografie für die wunderbaren Fotos und eine tolle Kooperation – bei der, ganz im Sinne des Leih- und Umsonstladens, kein Geld oder sonstige Gegenleistungen geflossen sind. Also nix Werbung hier, aber eine Unternehmensnennung.
Das Wetter ist ganz schön eklig an diesem Oktobernachmittag und wir sind froh, als wir nach einigem Hin- und Hergeschaue den richtigen Eingang zum Gelände des Mehrgenerationenhaus Heidelberg finden. Hier im Stadtteil Rohrbach befindet sich seit 2015 der LUULA – der Leih- und Umsonstladen Heidelberg.
Was ist ein Umsonstladen?
Wikipedia sagt: „Ein Umsonstladen, auch Kost-Nix-Laden oder Schenkladen, ist ein privates, sozial oder politisch motiviertes Projekt, wo neue oder gebrauchte Gegenstände zur kostenlosen Mitnahme bereitgestellt sowie tauschfrei mitgenommen werden können.“
Das klingt spannend! Ganz im Sinne der Sharing Economy kann in Heidelberg neben dem „umsonst“ mitnehmen eben auch geliehen werden.
Während wir auf Maria warten, die uns den LUULA zeigen will, haben wir genügend Zeit, uns umzusehen. Fotograf Chris schießt die ersten Bilder, während ich damit beschäftigt bin, mehrere Kaffeeangebote aus dem Mehrgenerationenhaus abzuwehren – das ist zwar sehr, sehr nett aber wir haben schließlich einen Job zu erledigen. : )
Dann kommt Maria: Ein bisschen abgehetzt auf dem Fahrrad – einen Anhänger mit einem großen Grill hinter sich herziehend. „Wir haben hier später ein kleines Mitarbeiterfest“, erklärt sie. Maria ist bereits seit der Eröffnung des LUULA als ehrenamtliche Helferin dabei.
Gemeinsam betreten wir das Ladengeschäft im Innenhof des Mehrgenerationenhauses. Offiziell gehören die beiden Projekte übrigens nicht zusammen, auch wenn diverse Kooperationen bestehen. Das Gebäude erinnert von außen an einen größeren Hühnerstall – innen ist es sehr gemütlich und, glücklicherweise an diesem kalten Nachmittag, bereits geheizt.
Was wir zuerst sehen, sind Klamotten. Viele, viele Kleidungsstücke in allen Größen und Farben – vor allem Kindersachen (die werden nun einmal häufiger weitergegeben). Daneben allerlei Spielzeug, Kuscheltiere… einige Kinderzimmer könnte man hier schon ausstatten. Aber auch für Erwachsene ist vieles dabei. Winter- und Sommersachen, Schuhe, Jacken, wer stöbert kann hier bestimmt den einen oder anderen Schatz entdecken!
Der verwinkelte Raum erinnert mich an den Trödelladen aus „Siebenstein“! Kinder der 90er erinnern sich an die ZDF-Sendung mit Frau Siebenstein, dem vorlauten Raben Rudi und dem besserwisserischen Koffer. Übrigens: Es gab zwischenzeitlich diverse Remakes der Sendung, aber die Original-„Frau Siebenstein“ heißt in Echt Adelheid Arndt und kommt aus Heidelberg. Just sayin‘ :).
Du kennst Siebenstein nicht??! Sofort Bildungslücke schließen und hier gucken!
Im LUULA ist der Name tatsächlich Programm: Hier fließt kein Cent. Wenn doch, dann nur in Spendenform. Denn natürlich gibt es Kosten, die gedeckt werden müssen, aber: „Für uns ist es wichtig, dass die Menschen verstehen, dass hier keine Gegenleistung erwartet wird. Wer etwas nimmt, muss nichts geben. Das ist Teil des Konzepts“, erklärt uns Maria. Das klingt sehr schön, aber…
„Es gibt doch bestimmt Menschen, die das ‚kostenlos‘ ausnutzen und wahllos mitnehmen, was da ist?“, fragen wir. „Nein, das funktioniert erstaunlich gut. Die meisten Menschen nehmen nur, was sie wirklich gebrauchen können. Nehmen und Geben muss sich natürlich ungefähr die Waage halten, sonst funktioniert das Konzept nicht“, sagt Maria und ergänzt:
„Das ist die große Herausforderung. Auf der anderen Seite sind nämlich sowohl unser Platz, als auch unsere personellen Kapazitäten begrenzt. Ohne Ende Spenden annehmen, funktioniert also auch nicht.“
Aber natürlich ist der LUULA auf Sachspenden angewiesen. Sie kommen in der Regel aus Privathaushalten – Kleider, die nicht mehr passen, Geräte, die nicht mehr gebraucht werden, Dinge, die einfach zu viel waren.
HAST DU TRAGBARE KLEIDER ODER EINWANDFREI FUNKTIONIERENDE GEGENSTÄNDE ZUHAUSE, DIE SICH ÜBER EIN NEUES ZUHAUSE FREUEN WÜRDEN? Du kannst sie zu den Öffnungszeiten im LUULA abgeben!
Und was es hier alles zum Mitnehmen gibt: Neben Textilien auch Besteck, Teller, allerlei mehr- oder weniger sinnvolle Küchenutensilien (darauf stehe ich ja!), Spiele, Musikinstrumente und ganz viel Krims und Krams, der darauf wartet, wieder benutzt zu werden.
(Tipp: Jede neu gegründete Studenten-WG sollte sich hier umsehen. Ihr findet garantiert das eine oder andere, das ihr gebrauchen könnt.)
Der LUULA ist eine kleine bunte Trödelwelt, die ein bisschen aus der Zeit gefallen zu sein scheint – genau wie bei Siebenstein. Und siehe da, in einer Ecke entdecke ich sogar …den Koffer!! Ich bin begeistert!! Ein bisschen mundfaul ist er heute – aber hey – jeder hat mal einen schlechten Tag. Nur Rabe Rudi scheint ausgeflogen zu sein. Den würde man nämlich hören.
Mit ihren Locken gäbe Maria übrigens auch eine gute Frau Siebenstein ab. „Das Gebäude ist leider baufällig“, erklärt sie uns, „irgendwann müssen wir hier raus. Man merkt es den Sachen auch an: wenn die eine Weile hier waren, riechen sie schon etwas muffig. Das gibt sich zwar beim Waschen aber schade ist es trotzdem – alles was wir hier haben, ist absolut tragbar und sauber verwahrt.“
KENNST DU EINE LOCATION, WO DER LUULA UNTERKOMMEN KÖNNTE? Kontakt siehe unten!
Wie das mit dem Mitnehmen funktioniert, haben wir verstanden. Aber wo kann man nun Dinge LEIHEN und vor allem was? „Die Leihsachen lagern wir ein Stockwerk höher“, erklärt Maria. „Das Ding hat ein zweites Stockwerk?!“, denke ich. „Da dürfen aber nur die Mitarbeiter hoch. Deshalb haben wir unseren Leihkatalog – online und hier im Laden als Ordner.“
Wir dürfen durchblättern und das fühlt sich an, wie ein Blick in die Wundertüte. Schlittschuhe, Gitarre, ein Raclette und – wow – ein Belgisches Waffeleisen!! (Habe ich schon erwähnt, dass ich eine wirklich AUSGEPRÄGTE Schwäche für Küchengeräte habe??!). Alles ist fein säuberlich sortiert, wie in einer Bibliothek.
Den Leihkatalog des LUULA könnt ihr hier einsehen.
Unser Highlight ist der Dönerspieß, der in einer Ecke des Speichers darauf wartet, ausgeliehen zu werden. Das weiß ich so genau, weil wir am Ende doch noch auf den heiligen Dachboden durften – Stockwerk wäre wirklich zu viel gesagt… ?
Nachdem wir alles gesehen haben, posiert Maria noch für ein paar Fotos und wir verabschieden uns. Das Konzept des „Einkaufens ohne Geld“ wird übrigens bundesweit in verschiedenen Umsonstläden umgesetzt. Hier gibt’s eine Liste!
Auf dem Heimweg fällt mir der kleine Flachbildfernseher ein, der in meiner Wohnung sinnlos rumsteht. Der wird wohl demnächst seinen Weg in den LUULA finden. Ich hoffe, das gilt auch für viele Heidelberger – soziale Projekte leben vom Engagement vieler Menschen.
Und weil es so schön ist, hier noch einmal ein bunter Einblick ins Innere des LUULA:
Wenn du dich im LUULA einbringen möchtest, hast du folgende Möglichkeiten:
+ Als ehrenamtliche/r Helfer/in spendest du ein paar Stunden deiner Freizeit, um im LUULA auszuhelfen. Dazu gehört neben dem Herausgeben der Sachen, auch das Sortieren, Einordnen und Katalogisieren.
+ Als Mietpate/-patin gibst du einen kleinen Beitrag (5 – 10 € im Monat) und hilfst so dabei, die laufenden Kosten des Ladens (Miete, Heizung, Internet, Flyerdruck) zu finanzieren.
+ Du mistest Zuhause aus und überlegst, was andere Menschen vielleicht gut gebrauchen könnten. Der LUULA freut sich zu den Öffnungszeiten über gut erhaltene Sachspenden!
+ Du kennst ein neues Zuhause für den LUULA und sicherst somit den Bestand des Projektes für die nächsten Jahre!
Kontakt: umsonstladen.heidelberg@web.de
Öffnungszeiten:
Montag 10 – 12 Uhr
Donnerstag 14 – 16 Uhr
Samstag 14 – 16 Uhr
Adresse: Heinrich-Fuchs-Straße 85, 69126 Heidelberg-Rohrbach
Im Hinterhof des Mehrgenerationenhauses “Schweizer Hof” (durch den Hof in Richtung Garten-/Grünfläche und dann direkt zur Rechten)
Zur Website des LUULA Heidelberg
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SWR-Beitrag über den Luula (Youtube)
Noch ein Wort zu dem Mann hinter den tollen Fotos in diesem Artikel:
Christian Bartle ist Fotograf aus Heidelberg und als Freelancer für verschiedenste Anlässe und Events, aber auch für private Shootings zu buchen. Seinen Stil beschreibt er in eigenen Worten:
„Ich bin nostalgisch. Deshalb orientieren sich die Farben und Stile meiner Fotos an analogen Filmen. Gleichzeitig achte ich darauf, dass sie trotzdem schlicht, zeitlos und authentisch wirken. Stil und Bearbeitung von Portraitaufnahmen etwa orientieren sich bei mir an der Location, der vorherrschenden Atmosphäre und – natürlich am wichtigsten – am Menschen, der vor meiner Linse steht.“
Zu Christians Website geht’s hier!
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